11.09.2024
Hagel entsteht ausschliesslich bei starken Gewittern. Er bildet sich in Gewitterwolken durch kräftige Aufwinde. Dabei muss das Eiskorn mindestens einen Durchmesser von 5 mm aufweisen, um als Hagel zu gelten.
In der Schweiz treten Gewitter hauptsächlich im Sommer auf, zwischen Ende Mai und
Ende August. Starke Gewitter mit Hagel sind meist von kurzer Dauer und
kleinräumige Ereignisse. Trotzdem kann Hagel enorme Schäden an Häusern,
Infrastruktur, Landschaft verursachen sowie Mensch und Tier gefährlich werden.
Mit 40,7% trägt Hagel den grössten Anteil an der gesamten Schadenssumme, welche durch Naturgefahren an Gebäuden verursacht wird.
In nebenstehender Statistik werden die Werte aller 19 Gebäudeversicherungen der Schweiz berücksichtigt. Bezogen auf die gesamte Schweiz decken diese 19 Gebäudeversicherungen einen Gebäudeanteil von rund 80% ab.
Nicht alle Regionen der Schweiz sind gleich stark von Hagelereignissen betroffen. Vor allem das Napfgebiet, das Entlebuch, das Südtessin und auch der westliche Jura werden häufiger von Hagelgewittern heimgesucht. In inneralpinen Regionen wie dem Rhonetal oder Graubünden fällt hingegen kaum Hagel.
Die folgende Karte basiert auf einer Studie von MeteoSchweiz und weist einen Beobachtungszeitraum von 2002 bis 2020 auf.
Im Schnitt verzeichnet die Schweiz 33 Hageltage pro Jahr. Die Verteilung kann pro Jahr und Region sehr stark variieren. So sind im Jahr 2021 sehr viele Hagelgewitter über die Schweiz und vor allem entlang der nördlichen Voralpen gezogen. Hingegen gab es im Jahr 2023 in dieser Region deutlich weniger Hagelereignisse. Dafür wurde das Südtessin besonders oft von Hagelgewittern heimgesucht.
Hagelkörner fallen mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 1 bis 3 cm und einer Geschwindigkeit von bis zu 100 km/h vom Himmel. Da erstaunt es nicht, dass die Eiskugeln wie Geschosse wirken und grosse Schäden anrichten können.
Im Durchschnitt muss in der Schweiz pro Jahr rund 32-mal mit einem Hagelereignis mit Hagelkörnern von mindestens 2 cm Durchmesser gerechnet werden. Ereignisse mit einem Korndurchmesser von mindestens 4 cm sind rund 29-mal pro Jahr zu erwarten.
Wie die folgende Karte zeigt, sind erneut das Entlebuch und die Region um den Napf, das Südtessin und der Jura häufiger von grossen Hagelkörnern, also grösser als 4 cm, betroffen.
Das grösste in der Schweiz registrierte Hagelkorn hatte einen Durchmesser von 13 cm und wurde am 2. August 1927 gemeldet.
Aber auch 2024 waren die Hagelkörner teils sehr gross, wie das folgende Bild zeigt. Es wurde in Studen BE im Juni 2024 aufgenommen. Das grosse Hagelkorn weist an seiner breitesten Stelle einen Durchmesser von rund 6 cm auf!
Wie erwähnt, trägt Hagel den grössten Anteil an der Schadenssumme, welche durch Naturgefahren an Gebäuden verursacht wird. Ein erneuter Blick in die Schadenstatistik der IRV gibt Aufschluss über die jährliche Schadenssumme in der Schweiz.
Besonders auffällig ist der grosse Ausreisser von 2021. Dieser beinhaltet die Hagelunwetter in den Kantonen Aargau, Luzern und Zürich. Bei den Ereignissen in den Kantonen Luzern und Zürich wurden überdurchschnittlich grosse Hagelkörner gemessen. So waren im Kanton Luzern 2021 45% der betroffenen Gebäude einer Hagelgrösse von 5 cm und mehr ausgesetzt. Die Folgen waren entsprechend gravierend.
Aber nicht nur an Gebäuden, auch in der Landwirtschaft verursacht Hagel sehr teure Schäden. Zwischen 2004 und 2023 lagen die Kosten für Sachschäden in der Landwirtschaft bei insgesamt 721 Millionen Franken (Quelle : Schweizer Hagel).
Bei diesen immensen Schäden darf man sich fragen, wieso Hagelereignisse mittelfristig nicht besser prognostiziert werden können. Vor dieser grossen Herausforderung steht die Wettervorhersage bzw. die exakte Gewittervorhersage. Meteorologen erkennen zwar starke Gewitter mit möglichen Hagelereignissen und warnen auch vor diesen. Es ist ihnen zurzeit jedoch noch nicht möglich, den genauen Ort sowie die Zugbahn der Hagelgewitter zu bestimmen.
Trotz dieser Unschärfe bildet die Wettervorhersage den ersten Schritt zur Schadensverhütung. Sind starke Gewitter angekündigt, können wir alle durch gezielte Massnahmen Schäden minimieren oder gar vermeiden. So können wir Rollläden hochziehen und empfindliche Gegenstände schützen. Abflüsse am und um das Gebäude können wir regelmässig kontrollieren und freihalten, Autos in Garagen parken oder mit Decken abdecken. Und was für den Menschen zählt, gilt auch für das Tier: Bei einem drohenden Hagelzug sollten wir uns nicht im Freien aufhalten.
Fortschritte erzielen wir auch bei den Baumaterialien wie beispielsweise Ziegeln, Fassadenverkleidungen oder Photovoltaikanlagen. In diesen Bereichen wird viel geforscht und getestet, um Hagelschäden zu reduzieren. Der Schutz von Pflanzen im Garten oder in der Landwirtschaft ist hingegen deutlich schwieriger beziehungsweise kaum möglich.
Das Klima verändert sich. Dies hat Einfluss auf das Wettergeschehen und damit auch auf Extremereignisse wie Hagelunwetter.
Beispiel 1: Die Durchschnittstemperatur auf unserem Planeten steigt seit Jahren kontinuierlich an. Dies wirkt sich auch auf andere Parameter in der Atmosphäre aus. Da warme Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann, nimmt bei steigenden Temperaturen auch deren Feuchtegehalt zu. Dies wiederum führt zu einem höheren Potenzial für starke Gewitter und damit häufigeren Hagelereignissen.
Beispiel 2: Durch die Erwärmung steigt die Nullgradgrenze. So steht den Hagelkörnern auf ihrem Weg nach unten mehr Zeit zum Schmelzen zur Verfügung. Die Wissenschaft geht deshalb davon aus, dass in Zukunft zwar seltener mit Hagel zu rechnen ist, dafür aber die Hagelkörner grösser sind. Denn kleine Hagelkörner sind auf dem längeren Weg von der Nullgradgrenze zum Boden in Wasser übergegangen, grosse Hagelkörner nicht.
Wie sich die Hagelereignisse im Zusammenhang mit dem Klimawandel in Zukunft entwickeln werden, ist noch mit vielen Unsicherheiten behaftet. Eine Analyse der beobachteten und modellierten Hageltrends zeigt, dass die Realität komplexer ist und die Hageltrends bezüglich Häufigkeit und Intensität je nach Ort stark variieren können. In West- und Zentraleuropa und somit auch in der Schweiz wurde tendenziell eine Zunahme der Hagelereignisse beobachtet, wohingegen im Süden und Osten Europas eher eine Abnahme zu verzeichnen ist. Die grosse Unsicherheit rührt daher, dass noch viele Parameter eine zu kurze Messreihe aufweisen. Somit gibt es in diesem komplexen System aktuell nur wenig verlässliche Aussagen.