Gletscher im Rückzug

Gletscher gehören zum typischen Bild der Schweizer Alpen – ob als Ziel bei Wanderungen, Thema im Geografieunterricht oder als Postkartenmotiv. Doch das Gletschereis schmilzt rasant. Das verändert das Landschaftsbild und viele Bereiche unseres Lebens. 2025 wurde von den Vereinten Nationen (UNO) als «Internationales Jahr zur Erhaltung der Gletscher» ausgerufen – ein Anlass, um genauer hinzusehen.

Gletscher prägen die Schweizer Alpen

In der Schweiz gibt es rund 1'400 Gletscher. Viele davon sind klein und einige sogar namenlos – andere sind gross und mächtig, sie prägen unser Landschaftsbild und liefern eindrucksvolle Postkartenmotive. Der grösste und bekannteste Gletscher der Schweiz ist der Grosse Aletschgletscher im Kanton Wallis. Mit knapp 80 km 2 Fläche ist er fast so gross wie der Zürichsee. An seiner mächtigsten Stelle, dem Konkordiaplatz, erreicht sein Eis etwa 800 m Dicke.

Die Ausdehnung und Mächtigkeit der Schweizer Gletscher sind auf der Kartenplattform des Bundes einsehbar.

Kartenviewer

Die Karte der Gletscherausdehnung zeigt die Gletscherstände aus den Jahren 1850 (dunkelblau), 1973 (mittelblau), 2010 (hellblau) und 2016 (türkis).  Quelle: map.geo.admin.ch
Die Karte der Gletscherausdehnung zeigt die Gletscherstände aus den Jahren 1850 (dunkelblau), 1973 (mittelblau), 2010 (hellblau) und 2016 (türkis).
Quelle: map.geo.admin.ch
Fieschergletscher im Jahr 1928 (oben) und 2021 (unten)
Fieschergletscher im Jahr 1928 (oben) und 2021 (unten)
Quelle: swisstopo und VAW / ETH Zürich
Quelle: swisstopo und VAW / ETH Zürich

Gletscherrückgang in Zahlen

Seit ca. 150 Jahren werden die Schweizer Gletscher und insbesondere ihre Veränderung erforscht. Diese lange Messreihe ist weltweit einzigartig. Die Daten und Bilder zeigen ein eindeutiges Bild: Die Gletscher in den Schweizer Alpen ziehen sich zurück und das immer schneller. Seit 1850 sind in der Schweiz rund 1'000 km 2 der Gletscherfläche geschmolzen – das entspricht etwa der Grösse des Kantons Uri. Über 1'000 kleine Gletscher sind gar verschwunden. Allein in den letzten 24 Jahren (bis 2024) hat die Schweiz knapp 40 % ihres Eisvolumens verloren: von rund 74,9 km³ im Jahr 2000 auf etwa 46,5 km³ im Jahr 2024. 1850 waren etwa 4 % der Schweiz mit Gletschern bedeckt, heute sind es noch 2 %.

Der Rückgang der Gletscher ist für alle sichtbar und eines der deutlichsten Indizien für die Klimaveränderung. 

Die Entwicklung der Schweizer Gletscher entspricht dem weltweiten Bild: Fast alle Gletscher werden dünner und verlieren immer schneller an Masse.

Das Schweizerische Gletschermessnetz GLAMOS

GLAMOS (Glacier Monitoring in Switzerland) dokumentiert die Entwicklung der Gletscher in der Schweiz. Bei über 100 Gletschern werden Daten zur Fläche, dem Volumen sowie der Schneeakkumulation und Schmelze von Eis erhoben und weitere Daten erhoben.

Glamos

Längenänderung von vier Schweizer Gletschern  Quelle: glamos.ch (2024)
Längenänderung von vier Schweizer Gletschern
Quelle: glamos.ch (2024)
Die speziell angefertigte Vlies-Tücher können den Schmelzprozess des Rhonegletschers höchstens etwas verlangsamen.
Die speziell angefertigte Vlies-Tücher können den Schmelzprozess des Rhonegletschers höchstens etwas verlangsamen.

Folgen für Natur und Gesellschaft

Der Gletscherverlust hat vielfältige Folgen – nicht nur im Hochgebirge – und betrifft uns alle. Bereits heute liefern die Schweizer Alpengletscher weniger Schmelzwasser als früher. Gleichzeitig verändert sich das sogenannte Wasserregime vieler Flüsse, also die zeitliche Verteilung und Menge des Abflusses über das Jahr. Die veränderte und insgesamt geringere Wasserverfügbarkeit wirkt sich auf Flüsse, Trinkwasser, Landwirtschaft und Stromproduktion aus. Auch grosse Flüsse wie der Rhein und die Rhone sind betroffen. 

Zudem wachsen Risiken durch Murgänge, Rutsch- und Sturzprozesse aufgrund von freigelegtem Schutt und destabilisierten Hängen sowie die Gefahr durch plötzlich ausbrechende Gletscherseen, wenn das Eis instabil wird. Auch verändert sich durch das Abschmelzen der Gletscher das Landschaftsbild, was wiederum Einfluss auf den Tourismus hat. Das weltweite Abschmelzen der Gebirgsgletscher und des Eisschildes von Grönland trägt ausserdem zum Anstieg der Meeresspiegel bei.


Blick in die Zukunft

Die Schweizer Alpengletscher schmelzen weiter. Die grossen Eismassen reagieren verzögert auf die Umweltbedingungen. Selbst wenn der Klimawandel nicht weiter fortschreitet, würden die Gletscher weiterhin Eis verlieren.

Wenn die Entwicklung weitergeht wie bisher, werden bis Ende des 21. Jahrhunderts fast alle Gletscher der Schweiz verschwinden – auch der Grosse Aletschgletscher. Technische Massnahmen wie das Beschneien der Gletscher mit Kunstschnee oder das Abdecken der Eismasse mit Vlies wirken nur lokal und können die Gletscher nicht erhalten. 

Durch die weltweite Senkung des Treibhausgasausstosses auf Netto-Null, könnten in der Schweiz Gletscher über 3'000 Meter Höhe erhalten bleiben. Weltweit könnte so drei Viertel des Volumens der Gebirgsgletscher fortbestehen. Ob das «ewige Eis» der Schweizer Alpen für unsere Kinder erhalten bleibt, liegt in unseren Händen und entscheidet sich heute.